Impuls für den Tag – 04.04.2020 – Du singst meine Blindheit fort

Impuls für den Tag – 04.04.2020 – Du singst meine Blindheit fort

Liebe Gemeinde,
der heutige kirchenmusikalisch-lyrische Impuls verweist auf das Leiden Christi und lässt uns aber auch schon die österliche Zuversicht erahnen.
Drei Texte beschreiben die Verwandlung von Not, Gefahr und Dunkelheit in Vertrauen, Rettung und Licht.
Im ersten Text von Albrecht Friedrich Wolfgang Goes wird das Passions- und herannahende Ostergeschehen in Beziehung zum Wechsel der Jahreszeiten gesetzt.
Der zweite Text von Pieter Buckiux verarbeitet die Christophorus-Legende. Finsteres Aufgewühltsein wandelt sich in Geborgenheit und Licht.
Der dritte Text, der Beginn des 22. Psalms, dessen erste (An-)Klage „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ auch Jesus am Kreuz ausruft, ist eben nicht nur Klage sondern auch Ausdruck von Vertrauen in Gottes Wirken, heißt es doch ab Vers 4 „Aber du bist heilig, du thronst über dem Lobpreis Israels. Dir haben unsere Väter vertraut, sie haben vertraut und du hast sie gerettet.“

Der 1948 geborene und mir gut bekannte Potsdamer Komponist Gisbert Näther hat diese drei Texte in einer wunderbar schlichten und doch eindrücklichen Weise für drei Musiker vertont, die diese Gegenpole erfahrbar macht.

Gisbert Näther (*1948)
Trio della Passione di Gesu Christo für Sopran, Flöte und Orgel
Sopran: Gabriele Näther – Flöte: Birgitta Winkler – Orgel: Tobias Segsa  | Aufgenommen wurde am Palmsonntag des letzten Jahres, dem 9. April 2019 in einem Konzert in St. Josef.

I. Dass dies geschieht
Dass dies geschieht: Dass so die Erde wieder vergessen kann das angetane Leid, dass sie Verstörung lohnt mit jungem Moosgrün, mit roter Blüte blutge Grausamkeit. Den Talgrund schau, des Berghangs neues Leben, da österlich die blauen Winde wehn, von Gruß und Dank, von Innigkeit durchklungen von Freude, ach! Als wäre nichts geschehn. Als wär nicht sie, sie selber, Gottes Erde, Jahrelang geschändet rings zur Martergruft. Dass sie vergessen kann! O Veilchenbotschaft, o wilder Rose selig süßer Duft! Dass dies geschieht: Die Geisel schwingt nicht mehr, es sind die Würger hinabgefahren an den finstren Ort. Das Kreuz nur dauert: Mildes Holz der Gnade, Versöhnung deutend als der Worte Wort. (Text: Albrecht Friedrich Wolfgang Goes)

II. Christophorus
Schwarz ist das Wasser, Christophor, durch das ich waten muss. Die Vögel rufen in den nächtlichen Raum; die Woge ist dunkel Blut. Du trägst mich über die Wellen hinweg. Die Raubvögel stürzen nieder, der Sandsturm wühlt das Wasser auf in der tintenschwarzen Nacht des Stroms. Aber die Schatten lösen sich auf. Ich ruhe in deinem Arm, Christophor. Das Dunkel bricht auf Gottes Taumelstein, spaltet das uralte Licht von Elfenbein, und du singst. Du singst meine Blindheit fort im uralten Licht von Elfenbein. (Text: Pieter Buckiux)

III. Warum hast du mich verlassen
Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen und bist so ferne meinem Angstgeschrei, meinen Klagerufen? Ich rufe bei Tage, und du antwortest nicht, und bei Nacht, und ich finde keine Ruhe. Und doch thronst du heilig in der Höhe über den Lobgesängen Israels. (Text: Psalm 22 – Leidenspsalm Jesu)

Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Choralvorspiel O Mensch bewein dein Sünde groß

Lassen Sie uns morgen, am Palmsonntag, den Einzug Jesu in Jerusalem feiern, in der Karwoche Jesu Leiden und Sterben gedenken, dieses jedoch immer mit unserer christlichen vorösterlichen Zuversicht und Vertrauen tun.

Ihr Tobias Segsa, Kirchenmusiker

Menü schließen