In dir wohnt ein Leuchten | Geistlicher Impuls | 23.03.2022

In dir wohnt ein Leuchten | Geistlicher Impuls | 23.03.2022

Liebe Gemeinde,

kürzlich wurde ich auf einen Text von Thomas Merton aufmerksam, den ich für den heutigen Impuls gerne mit Ihnen teilen möchte:

„Im innersten Kern unseres Wesens gibt es einen Punkt, klein wie ein Nichts, an den Sünde und Illusion nicht zu rühren vermögen. Es ist der Punkt der lauteren Wahrheit, ein Punkt oder Funke, der ganz Gott gehört. Nie können wir über diesen Punkt verfügen, sondern Gott fügt von diesem Punkt aus unser Leben. Er lässt sich nicht von den Phantasien unseres eigenen Geistes erreichen, er lässt sich nicht mit gewalttätigem eigenem Wollen erobern. Dieser kleine Punkt der Nichtigkeit und der absoluten Armut ist der Punkt der reinen Herrlichkeit Gottes in uns. Er ist sozusagen der Name Gottes, der in unser innerstes Wesen geschrieben ist, als unsere Armut, als unsere Bedürftigkeit (…). Er ist wie ein reiner Diamant und funkelt vom unsichtbaren Licht des Himmels. Er steckt in jedem Menschen, und wären wir imstande, ihn zu sehen, dann würden wir sehen, dass Milliarden solcher Lichtpunkte sich zum Gesicht und zum Strahlen einer Sonne vereinigen, die alle Dunkelheit und alle Grausamkeit des Lebens restlos verscheuchen würde. Ich kenne kein Programm dafür, wie man dahin kommen kann, das zu sehen. Es kann einem nur geschenkt werden. Aber das Tor zum Himmel ist überall.“

Thomas Merton (1915-1968, Trappist, Mystiker und Friedensaktivist)
In: Ein Tor zum Himmel ist überall, Hrsg.: Bernadin Schellenberger, Freiburg 2008, 82.

Vielleicht ist das eins der Geheimnisse, die wir in der Fastenzeit aufgerufen sind, zu ergründen: Der Blick nach innen ist ein Tor zum Himmel. In unserem Inneren ist so viel Wertvolles, Einzigartiges und Besonderes. Es anzusehen und sich daran zu erfreuen – in uns und in unseren Mitmenschen – kann uns einen Eindruck geben von der Herrlichkeit Gottes. Allerdings ist dieser kleine Punkt in uns immer wieder verschüttet und zugedeckt von all dem, was wir uns in unserem Alltag so angewöhnen, was uns unauthentisch macht, was uns wegbringt von Gott. Das können Ablenkungen sein, Unehrlichkeit, schlecht denken über andere und Selbsterhöhung, Unzuverlässigkeit,… Was auch immer es ist, die Fastenzeit lädt als Zeit der Umkehr dazu ein, den ganzen Schutt, der sich über diesen individuellen Kern aus Glanz gelegt hat, auszuräumen. Dann steht das Tor zum Himmel wieder offen und das helle Licht der Verbundenheit mit unserem Innersten und Gott kann ausstrahlen.

Ich wünsche Ihnen in der kommenden Zeit bis Ostern echte Umkehr: Eine bewusste Wendung hin zum Licht, eine Neuausrichtung auf das Helle und Schöne.

Bei aller Grausamkeit und allem Dunkel, das gerade Europa beherrscht: Machen wir das Helle noch heller und erzählen wir von dem, den wir in der Osternacht als Licht vom Licht erwarten.

Ihre,
Magdalena Kiess, Pastoralassistentin

 

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