Es ist wieder Advent. Noch bevor das adventliche Treiben so richtig beginnt, erklingt im Gottesdienst ein altes Lied: „Macht hoch die Tür“ – Gl 218
Diese Worte begleiten den ersten Adventssonntag seit Jahrhunderten. Und doch treffen sie noch heute. „Die Tor macht weit“: Seine Seele zu öffnen und zu Gott erheben. Oft ist es gar nicht so leicht, die Seele „zu erheben“. Vieles, wie Sorgen, Termine, Nachrichten, die Angst, etwas zu verpassen … Und doch spricht dieses Lied zu Beginn von einer Bewegung der Seele nach oben.
Vielleicht ist genau das Advent: Die kleine Entscheidung, den Blick zu erheben, nicht alles im Griff haben zu müssen, sondern sich Gott wieder zuzuwenden. Ihm zuzutrauen, dass er in unsere unruhigen Herzen kommt.
Ich merke: Wenn ich so bete, wird etwas leichter. Nicht, weil die Probleme verschwinden, sondern weil sich die Perspektive ändert. Ich muss nicht alles selbst tragen. Ich darf mein Inneres „erheben“ – hin zu dem, der mich trägt.
Im letzten Vers habe ich die Tür meines Herzens bereits weit geöffnet. Gott hat angeklopft. Die Tür – die öffne ich jedoch selbst. Es bleibt meine Entscheidung, die ich treffen kann.
Vielleicht könnte unser Gebet in diesen Wochen sein: „Zu dir erhebe ich meine Seele, Herr. Siehe, ich öffne meine Tür für Dich zu meinem Herzen.“ Ein stilles Aufatmen – mitten im Advent.
In Rückschau auf die Predigt zum ersten Advent sei hier noch einmal auf die erwähnte Höraufgabe verwiesen:
BWV 61 – Nun komm der Heiden Heiland
In Johann Sebastian Bachs Kantate BWV 61 begegnet uns ein bewegender Dialog zwischen Bass und Sopran – ein Dialog, der zugleich ein Dialog unserer Seele mit Christus ist:
Der Bass (Jesus): „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an …“ (Begeleitet vom Anklopfen/Pizzikato der Streicher)
Der Sopran antwortet: (die Seele): „Öffne dich, mein ganzes Herze, Jesus kömmt und ziehet ein …“
Ihr Thomas Kaiser
Kaplan
Bild: Rudi Berzl
In: Pfarrbriefservice.de
