„Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“
(Lk 6,36)
Die Barmherzigkeit ist eines der wesentlichen Grundzüge des Christseins. In der Erzählung vom barmherzigen Samariter eröffnet Jesus eine völlig neue Sichtweise auf die Frage, wem ich Barmherzigkeit schulde. In dieser Erzählung geht es ja um einen Samariter, der sich um einen unter die Räuber gefallenen bemüht, nachdem andere ihn einfach haben liegen lassen. Für den jüdischen Gesetzeslehrer stellt sich die brennende Frage an Jesus: Wer ist mein Nächster? Bisher hatte für einen frommen Juden als Nächster gegolten, wer zu seinem Volke gehörte. Inzwischen waren aber viele Fremde – also Nichtjuden – eingewandert; und man fragte sich verunsichert: Wer ist mein Nächster? Diese Frage ist auch für den Menschen heute keine einfache Frage.
- Ist mein Nächster der, der genauso wie ich als überzeugter Christ lebt?
- Ist mein Nächster der, der mir sympathisch ist?
- Ist mein Nächster der, der sich meiner Hilfe als würdig erweist?
- Oder ist mein Nächster auch jeder andere, selbst jemand, der mich infrage stellt?
Da mutet uns Jesus schon eine Menge zu, wenn wir ernst nehmen, was Jesus in seiner Erzählung vom barmherzigen Samariter zum Ausdruck bringt: Dein Nächster ist schlicht und einfach, wer deine Hilfe braucht, wer „unter die Räuber gefallen“ ist. Ihm bist du der Nächste. In ihm begegnet dir sogar Gott selbst. Das letzte Wort Jesu im Evangelium ist:
„Dann geh und handle genauso!“
Es galt nicht nur dem jüdischen Gesetzeslehrer, es gilt den Menschen heute! Und wer davon wirklich gepackt wird und es ernst nimmt, kann dann diese Welt tatsächlich heller, wärmer und liebevoller machen. Der Nächste ist jeder Mensch, egal welcher Nationalität, welcher Kultur und Religion, welcher Hautfarbe. Die Würde jedes einzelnen Menschen beantwortet die Frage: „Wer ist mein Nächster?“
In Christus verbunden
Diakon Alfons Eising
Bild: Peter Weidemann
In: Pfarrbriefservice.de